Panzerknacker-Bären im Paddler-Camp

55 Kajak-Turaner im Müritz-Nationalpark

Die Seen- und Flusslandschaften der Mecklenburgischen Seenplatte sind für die Kajak-Paddler des Turn- und Rasensportvereins (Tura) immer wieder ein beliebtes Aktionsfeld. Die wie ein Netzwerk durch Flüsse und Kanäle verbundene Tausend-Seen-Landschaft bietet unendliche Möglichkeiten für den Wassersport. Als Krönung ihrer Saison paddelten 55 Kajakfahrer des Vereins in der zweiten September-Hälfte eine Woche auf den Seen und Wasserwegen. Der Camping- und Ferienpark Havelberge am Woblitzsee diente als Heimat- und Startquartier.

Mit dem Paddelboot erlebt man aus ungewohnter Perspektive die unberührten Landschaften hautnah. Seltene Pflanzen, vom Aussterben bedrohte Tierarten und vor allem ersehnte Ruhe bilden die Besonderheiten. Viele Teile der Seenplatte sind Naturschutzgebiete, die wegen ihrer Einzigartigkeit besonders schutzbedürftig sind.

Bären-Einbruch

Nicht nur auf den Tagestouren kam es zu Begegnungen mit der Tierwelt. Fünf wohnungssuchende hungrige Waschbären  waren in einen unbeaufsichtigten Wohnwagenvorbau geschlüpft und hatten sich dort heimisch breit gemacht. Als die Paddler nach der Paddeltour abends ihr Vorzelt betraten, saßen die Waschbären behaglich auf Tisch und Stühlen und verschmausten genussvoll die vorgefundenen frischen Obst- und Gemüsevorräte. Die Tiere mit ihren typischen schwarzen Augenmasken erinnerten die Eigentümer bei ihrem Eintritt sofort an die Panzerknacker-Bande aus ihrer Jugendliteratur. Die Tiere ließen sich durch die erschrockenen Paddler gar nicht aus der Ruhe bringen und deuteten selbstbewusst an, dass genug für alle da sei. Die Paddler wollten aber nicht Gäste der Tiere im eigenen Heim sein und bestanden energisch auf deren sofortigem Auszug. Mit Vorräten  in den Pfoten räumten die Bären darauf mürrisch die Behausung und verschwanden über den Zeltplatz auf Bäumen im Dunkel des angrenzenden Waldes. Nur die im Mondschein hell leuchtenden Bärenaugen verrieten noch ihre Fluchtpositionen. Jetzt konnten die Zeltknacker-Bären für ihre Taten zwar nicht mehr dingfest gemacht werden, den Paddlern waren aber noch eindeutige Beweisfotos des Tatherganges und der entwischten Täter gelungen.

Abgelegene Landschaften

Rund 140 km legte die aus früheren Unternehmungen eingespielte Kanutruppe auf den Naturpark-Gewässern zurück. Die Paddler genossen die glitzernde Seenlandschaft des Nationalparks, erforschten aber besonders gerne die sich durch Wald-, Wiesen- und Moorlandschaften schlängelnden abgelegenen Verbindungsarme der Seen.

Die heimischen Tiere betrachteten die auf dem Wasser  dahin gleitende Paddlerkolonie vorsichtig und staunend offenbar als harmlose, etwas andersartige Artgenossen. In diesen Einsamkeiten erlebte die Bootsgruppe sogar noch See- und Fischadler, die auf der Suche nach Tierbeute ihre Kreise zogen. und darauf warteten, sich aus schwindelnder Höhe auf eine ausgemachte Beute herabstürzten.

Gern gesehen

Die Erkundungsfahrten der Turaner wurden immer begleitet von den Freundlichkeiten der einheimischen Bevölkerung. Wo immer die schon mengenmäßig auffallend große Gruppe von bunten Booten auftauchte, verharrten  Einheimische und Touristen an Ufern und Brücken fast etwas ehrfurchtsvoll. Oft zückten sie ihre Kameras für ein persönliches Erinnerungsfoto.

Auch die zahlreichen Schleusenwärter waren offensichtlich beeindruckt von dieser bunten Kajak-Invasion. Rund 55 „Schiffe“ in einem Schleusengang, das war für sie jeweils Jahreshöchstleistung und dürfte die Abfertigungs- und Arbeitsstatistik der Schleusenwärter erheblich erhöht haben. So gab es freundliche und juxige Begrüßungen und Abschiedsworte in den Schleusen.

Selbst von den vorbeiziehenden Klein- und Großjachten kam von den an Deck gemütlich Kaffee trinkenden „Seefahrern“ oft die Einsicht herüber:“ Ja, alles gut hier oben, aber wir müssten uns auch mal wieder etwas sportlich bewegen“.

Vereins-Gemütlichkeit

Den Tageserlebnissen folgten gerne Plaudereien an den gemeinsamen Grillabenden. Diese waren notwendig, um die auf 140 Kilometern verbrauchten Energien wieder aufzuladen.

Eine klare windstille Mondnacht nutzte die Kajaktruppe zu ihrer nächtlichen Lampionfahrt vom Ufer des romantischen Woblitzsees in Wesenberg quer über den See. Alle Paddler hatten ihre Boote liebevoll mit bunten  Lampions  und Lichterketten geschmückt, die über den See leuchteten und sich im Wasser spiegelten. Die schwimmende bunte Lichter-Show wurde vom Seeufer interessiert beobachtet. Das gelungene Nacht-Schauspiel brachte den Teilnehmern viel Freude und war auch ein Dank an Anwohner, Passanten und Gastgeber. Sie waren dem kleinen Paddelvölkchen aus  Bremen stets mit Hilfsbereitschaft und Fürsorge begegnet.

Wir sehen uns wieder, versicherten die Bremer ihren Gastgebern beim Abschied.

von Martin Voß