“Paddeln ist ein Jungbrunnen”, Erinnerungen von Peter Moritz
Peter Moritz ist heute unser langjährigstes Vereinsmitglied und immer noch aktiver Paddler. Am 6. Juni 2021 erzählte er bei Kaffee und Kuchen von Erlebnissen seiner Paddelzeit, seinem Faltboot, dem Verein und unserem Revier. Er zeigte uns seine alten Fahrtentagebücher und Fotoalben, aus denen hier einige Bilder abgedruckt sind.
aufgeschrieben von Susanne Brandenburger
Jugend im Faltboot
Die erste Faltbootfahrt, an die ich mich erinnere, hat im Sommer 1945 stattgefunden. Das war der Anfang. Am Anleger an der Lesumbrücke hat Seppel sein Faltboot eingesetzt und von dort sind wir ins Teufelsmoor nach Bargschütt gefahren. Seppel Vogel ist Mitbegründer der Freien Faltbootfahrer, einer von Sechsen. Das war ein Vorläufer. Juni 1932 haben die sich gegründet und 1 Jahr später haben sie sich wieder aufgelöst und sind mit zu TURA gegangen. Zu den Gründern gehörten Arnold Krohn, Alwin Meder, Heini Brand, Max Köhler, Erich Rosenberg und Seppel Vogel.
Meine Mutter hat mich auch früher schon mitgenommen, 1943 und ´44, Lisa Hager bestätigte das immer wieder. Mutter hat den Krieg nicht überlebt. Dann bin ich zu Seppel Vogel, seine Frau war die Schwester meiner Mutter. Da bin ich dann groß geworden. D.h. im Alter von 3-4 Jahren habe ich schon im Faltboot gesessen. Wir wohnten damals in Gröpelingen und Seppel Vogel in Grambke.
Die erste Fahrt im Sommer 1945 an die ich mich erinnere, da mussten wir noch unter allen gesprengten Brücken durch. An der Autobahnbrücke musst man ganz vorne reinkriechen und sich durchhangeln unter den Trümmern.
Bargschütt liegt die Beeke hoch. Ich bin da 40 Jahre hingefahren. Das war immer schön bis 1984, da musste ich mein Grundstück aufgeben. Wir hatten dort eine kleine Hütte. Wir haben dort auch das Kriegsende verbracht, die letzten Wochen.
Bei TURA mit “Onkel Arnold”
Die ersten Touren habe ich von LUV aus gemacht. Seppel Vogel war Mitglied in LUV. LUV war oben an der Autobahnbrücke, wo sich jetzt das große Matschloch befindet. Dann habe ich mich oft geärgert, wenn ich mich verabredet hatte und die sind nicht gekommen oder verspätet gekommen. Dann hat Seppel irgendwann gesagt: „Komm, du gehst nach TURA!“ Dann sind wir mit dem Zweier zu TURA runter gefahren. Das war im September 1956. Das war mit einem alten Hart-Zweier. Der ist jetzt im Bremerhaven im Schifffahrtsmuseum. Arnold Krohn begrüßte uns bei TURA. Er stellte sich vor bei mir: „Krohn. In Zukunft heißt das Onkel Arnold.“ So wurde das hier gehandhabt, dass die Älteren mit Onkel und Tante angeredet wurden.
Es gab damals einen Holzschuppen mit 3 Gängen. Da waren etliche Faltboote. Am Freitag waren wir angekommen, am Samstag nahm Heini Brand mich mit auf eine Tour Richtung Hamburg. Leichtes Wildwasser auf der Luhe. Es wurde einer bestimmt, der mit mir im Zweier fuhr.
Im heutigen Vereinshaus waren früher Wohnungen. Den Grundbau hatte die AG-Weser 1942 errichtet. Die hatten damals ihre Zeichenbüros hier raus gebracht. Zum Kriegsende hat man hier dann 4 oder 5 Wohnungen hergerichtet. Da waren Flüchtlinge untergebracht. Das ging bis 1962. Da war ein gewaltiges Hochwasser, da sind die alle abgesoffen und mussten dann hier raus. Dann hat der Verein gleich zugeschlagen und gesagt, das übernehmen wir.
Das war das Hochwasser, wo Errit hier zum Fenster rein gepaddelt ist. Wo damals die Grundstücksgrenze war, weiß ich nicht mehr. Vor dem Gebäude waren noch Gärten zu den Wohnungen. Da lief ein Zaun entlang. Die Ecke mit dem Pumpenhaus existierte noch nicht. Das war teilweise Zeltwiese.
Damals gab es fast ausschließlich Faltboote. Ein Holzboot war dabei. Rosenberg hatte später einen Kanadier.
Heimatrevier Weser und Wümme
Dann kamen die ersten Osterfahrten. Ursprünglich machte TURA die Osterfahrten immer zur Hunte, nach Walsen. Das habe ich ein paar mal mitgemacht. Die Ostertage dort verlebt, und am Montag ging es dann die Hunte runter bis nach Wildeshausen. Wir hatten Zelte dabei und es gab Lagerfeuer. Wir standen bei einem Bauern auf der Wiese. Das war eine jahrzehntelange Freundschaft.
Auf der 30. Fahrt habe ich dort meinen Geburtstag an Ostern noch gefeiert. Der Bauer war auch da und hatte Arnold Krohn am andern Morgen zum Frühstück eingeladen. Er ist dann auch ganz stolz hin und kam aber nach ganz kurzer Zeit schon wieder. Wir haben dann gefragt: „Was gab es denn?“ „Gar nix“, sagte er. Die Mudder fragte nur ob er die Milch holen wolle. Das mit dem Frühstück hatte der Vadder wohl gesagt, aber in der Küche hatte die Mudder das sagen. Die wollte da nix von wissen. Und da war Arnold so beleidigt, dass wir da nicht mehr hingefahren sind. Seitdem fuhren wir Ostern meistens zur Wümme.
1958 bekam ich das Erbteil von meiner Mutter ausgezahlt. Da habe ich mir meinen Hart-Faltbooteiner für gekauft. Dann machten wir 1958 die Fulda-Weser-Fahrt bis Hameln. Das war meine erste größere Tour. Den Einer habe ich später meinem Sohn vermacht. Ich habe dann irgendwann diesen alten Kette bekommen und bin den gefahren. Es gab damals eine ganze Reihe von Werften für Faltboote. Kette, Hart, Klepper, Hammer, Pouch. Hier wurde ausschließlich Klepper gefahren. Ich war der einzige der den Hart hatte. Wochenendtouren gingen meistens nach km 20,5 auf die Weser raus. Da war unser Stammplatz. Das war früher eine Bucht mit einem herrlichen Strand, bis oben zur Spitze rauf. Ganz unten liegt Motzen. Gegenüber der alten Wollkämmerei. Wenn die Tide günstig war, fuhren wir auch mal weiter runter. Das kam allerdings selten vor. Einmal sind wir bis Harriersand gefahren. Da war Friedl Borchers noch mit. Das muss auch ´57 oder ´58 gewesen sein. Ich müsste davon noch ein Foto in meinen Fahrtenbüchern / Tagebüchern haben.
Die Strömung war deutlich geringer als heute. Auf der Weser war noch noch einiges an Schiffsverkehr los.
Mit der Familie haben wir bei 20,5 gezeltet. Ich bin dann mit dem Boot zum Vegesacker Hafen, habe dort den Bus zur AG Weser genommen, gearbeitet und nachmittags dann wieder zurück.
Diese großen Gemeinschaftsfahrten, wo alle mitfahren, habe ich so auch nicht mehr kennen gelernt. Wie ich hierherkam, ging es auch schon so, jeder für sich. So wie es am besten passt. Es kam dann mehr und mehr Cliquenwirtschaft auf, dass die einzelnen Gruppen für sich fuhren.
Ganz gravierend war die Veränderung im Sommer 1959, wie die ersten Sonnabende arbeitsfrei waren. Viele aus der Industrie konnten schon Freitag Abend los. Andere erst Sonnabend Mittag. Manche Männer fuhren dann schon vor. Die Frauen kamen dann mit dem Bus nach Farge und wurden rüber geholt. So bröselte es etwas auseinander. Viele waren noch im Berufsleben. Rentner waren eigentlich nur die alten Braams, die den ganzen Sommer hier mit dem Zelt gelegen haben.
1959 bin ich dann viel mit dem Gustav Peter gefahren, ein alteingefleischter Junggeselle. Wir waren Freitag Abends die Ersten und konnten so los. Je nach Tide sind wir dann so weit runter wie es ging oder die Wümme rauf. Einmal haben wir bei km 8,5 hinter dem Deich gezeltet. Das alte Wehr ist heute nicht mehr da. Da konnte man gut übersetzen, einen Graben fahren, der mündete ins Kirchenfleet und dann kam man unterhalb der Ritterhuder Schleuse wieder raus an die Hamme ran. Das war zwar verboten, aber wir haben es dann doch immer mal wieder gemacht. An der Wümme gab es auch früher kaum Möglichkeiten zu zelten. Früher ging es noch bei Höftdeich, wo der alte Bauer noch war. Da haben wir auch Ostern noch oft im Heu geschlafen. Ich weiß noch wie wir einmal allemann klitschenass durchgeregnet von der Wümme kamen und dann alle oben ins Heu.
Oder wir fuhren rauf, die Hamme durch. An der ersten Holzbrücke, da ist heute ein Rastplatz. Auf der linken Seite ist heute dichtes Buschwerk. Da haben wir Freitag Abends auch noch gezeltet. Hier an der Lesum, etwas oberhalb des Vereins war früher eine Badeanstalt. Da gab es Sandstrand. Auf der Lesum gegenüber von Burmester war es immer sehr schön. Da standen Pappeln und Trauerweiden. Das war so eine grüne Wand. Jetzt heißt es dort Bootswerft Meyer.
Langfahrten mit der Familie
Einmal, als ich meinen Kette-Einer hatte, sind wir in der Werra eingesetzt. Das war mit meinem Sohn Stephan. Und die Weser ganz gefahren. Den ersten Törn haben wir bis Minden gemacht, von da hat uns jemand mit dem Auto mitgenommen. Den zweiten Teil dann bis Nienburg. Von da ging es mit dem Zug nach Hause. Die dritte Tour ging bis Verden. Dann haben wir noch beim BKW gezeltet. Das war eine mehrwöchige Angelegenheit. Da lag ich noch gar nicht wieder hier sondern hatte mein Boot noch an der Munte. Rudi Hager sagte: „Das muss ja toll sein, wenn man mit seinem Sohn so eine große Fahrt machen kann.“ Da sagte Stephan so etwas Nettes: „Du es ist auch toll, wenn man mit seinem Papa fahren kann.“ Das ist jetzt leider vorbei.
Es gab früher auch Wettkämpfe, aber da habe ich mich nie für interessiert. Das waren Rudi Hager und Jochen Hulubowski.
Das erste Plastikboot hatte der Gustav Peter. Gelästert wird ja immer. Aber er wurde mitgenommen. Folker erzählte irgendwann, das das Boot mal auf der Autobahn aus dem Wagen geschossen ist.
Ich weiß noch, wir waren damals auf der Ardeche. Da waren auch einige andere junge Leute mit Plastikbooten. Die riskierten dann aber doch viel und Eine drehte sich mitmal um den Mittelpfeiler, wurde so direkt davor getrieben, und dann ging das Boot mitten durch.
Ich wollte gerne mal die Saale von Hof aus fahren, aber Folker hatte bedenken. Ich sagte: „Mensch, da oben gibt es einen Faltbootwassersportverein. Die sind da mit Faltbooten gefahren.“ Folker und ich kennen uns schon von Kindheit an. Er wohnte in Burg, ich wohnte im Grambke. Wir kannten uns auch von Bargschütt her. Da paddelte er mit seiner Mutter hin.
Wir sind dann die Saale gepaddelt, die Unstrut. Wir sind die ganze Elbe gefahren von Decin in Tschechien bis zum Wehr in Geesthacht. Das war eine schöne Tour. Wir haben uns viel Zeit gelassen. Wenn es was zu besichtigen gab, haben wir das auch gemacht. Die Oder sind wir bis Stettin gefahren. Das war auch hervorragend. Das habe ich mit Folker und auch alleine gemacht. Angefangen habe ich die Tour in Breslau mit mit meinem Sohn. Bis Glogau sind wir, glaube ich, gefahren. Das ist bestimmt schon 30 Jahre her.
Mit meiner Frau bin ich die Mosel gefahren. Wir sind den oberen Main gefahren und die Itz. Den Coburger Verein, den hatte mein Onkel als Arbeiterwassersportverein 1947 neu gegründet. Mein Onkel Seppel Vogel ist Coburger. Wir haben nach dem Kriege ein Jahr in Coburg gelebt. Badezeug hatte natürlich keiner mehr und für das Vereinsschwimmen fehlten auch rote Badehosen und Badeanzüge. Und dann kam einer auf die Idee: „Mensch auf dem Rathausdachboden da liegen doch noch zwei alte rote Nazifahnen.“ Dann haben sie sich die organisiert, mussten bei der Militärregierung genau angeben, wofür sie die haben wollten. Die wollten wissen, dass da kein Unfug mit gemacht wurde. Meine erste Schwimmhose war aus einer Nazifahne genäht. Wir hatten genügend Schneiderinnen, die haben das Badezeug genäht. Seppels ganzer Stolz war das erste Schwimmfest, wo sein Verein teilgenommen hat in Bayreuth. Da war sein Verein der einzige, der einheitliche Badekleidung hatte. Die ist heute leider verschütt gegangen. Die wäre heute eine Attraktion.
Das Weiteste, wo ich von hier gekommen bin ist Bremerhaven Columbus Terminal. Da lag die BREMEN. Es gab auch immer Leute die im Wattenmeer auf der Nordsee gepaddelt sind, aber so mutig bin ich nicht. Es gab da einen Bericht von einer Hamburgerin, die bis nach Helgoland gepaddelt ist.
Der Holzbootsschuppen wurde vergrößert in der Zeit, als ich aus familiären, beruflichen und gesundheitlichen Gründen nicht Boot fahren konnte. Als die AG-Weser 1983 Schluss machte und bis ´84 abgewickelt wurde, habe ich jahrelang vom Zeitung austragen gelebt. Mich mühselig über Wasser gehalten. Stephan kam 1973 auf die Welt. Er und Christiane geb. 1970 sind beide noch mit Paddeln groß geworden. Irgendwann hatte ich die Boote bei einem Freund in Großenkneten eingelagert. Eines Tages kam meine Tochter und sagte: „Papa krieg die Boote mal wieder her.“ Dann haben wir am Haus am Walde aufgebaut und sind da ein Stück rumgefahren. Christiane sagte dann. „Du, hier um die Ecke ist ein Anleger, wie wir ihn im Moor auch hatten. Die haben auch Bootsplätze da. Da habe ich dann den ganzen Bootskram hingebracht und wieder angefangen. Nach einem schweren Sturz mit dem Fahrrad war ich froh, wieder geradeaus laufen zu können.
Die Heideflüsse bin ich auch alle gefahren. Die Donau habe ich zuletzt mit Folker gemacht. Folker hat auch die ganze TID gemacht. Wir sind zusammen den oberen Teil bis Regensburg gefahren. Den Rhein haben wir noch zusammen gemacht. Mir fehlen im Fahrtenbuch noch 900 km, dann habe ich den Äquator umrundet.
Fahrten im Ausland: Masuren, Finnland
In Masuren auf der Seenplatte war ich alleine. Das war wunderbar. Das hat sich so ergeben. Ich fahre auch gerne alleine. Mal zu Zweien, mal trifft man sich mit anderen. Wer kann wochenlang so loszwitschern? Und in meinem Alter macht es kaum noch jemand. 1999 sind wir den Oberländischen Kanal noch gefahren. Das war noch mit Stephan. Das war hochinteressant. Von See zu See wird man mit dem Aufzug angehoben. Die Jungs hatten sich das vorher angesehen und wussten, dass man von den Schrägstreben Abstand halten muss. Das war eine tolle Sache.
In Masuren bin ich oben von der russischen Grenze bis ganz runter gepaddelt.
In Finnland bin ich 1963 mit Biesters und Gustav Peter gewesen. Die waren erheblich älter, aber es ergab sich so. Mitten in Finnland, ungefähr 30 km von der russischen Grenze entfernt, ging es los und bei Oulu geht es in den Bottnischen Meerbusen. Die An- und Abreise erfolgte mit Schiff, Zug und ein kleines Stück mit dem Bus. Kurt Biester hatte sich das ausgedacht. Man konnte von See zu zu See, sofern die Durchfahrten nicht mit Holzstämmen durch Flößerei verstopft waren. Einmal standen wir ziemlich ratlos, wie es weitergeht. Da winkte uns einer raus. Der setzte sich mit uns in seinen PKW und fuhr und fuhr und fuhr. Irgendwann zeigte er dann, das da wieder Wasser auf ist. Dann fuhr er wieder mit uns zurück. Ich dachte:“ Jetzt müssen wir uns langsam mal merken, wo wir wieder hin müssen.“ Dann hatte der einen LKW engagiert, dass unsere Boote verladen wurden. Der hat uns dann dort hingebracht. Als wir ihn fragten, was er denn dafür haben will, sagte er: „Nix, er wollte eigentlich angeln.“ Dafür haben wir ihm dann dicke Fische gewünscht. Damit war er dann sehr zufrieden. Als Paddler habe ich immer wieder hilfsbereite Menschen getroffen.
Das Faltboot, was ich mir als junger Mann gekauft habe, ist jetzt nicht mehr fahrbar. Die Haut ist hin. Es liegt bei meinem Sohn. Es wird wohl nicht mehr genutzt werden. Die Enkel werden wohl auch eher “Tupperware” nehmen. Jetzt fahre ich den Pouch-Einer. Den hatte mir Michael für den Kette–Einer im Tausch gegeben.
Ich hatte den Kette–Einer im Blockland aufgetrieben. Ich fuhr mit meinem Einer durch die Gegend, da überholt mich einer mit dem Motorboot und sagte: Mensch so ein Ding habe ich auch noch bei mir im Schuppen liegen. Da steht noch was von Breslau dran. Da wurde ich hellhörig. Hat das hier im Kriege jemand liegenlassen? Dann bin ich da hin und sah die Firmenplakette Kette-Breslau. Das Boot ging sofort mit. Die Haut war nicht mehr brauchbar. Mein Sohn hatte in der alten Kette–Haut noch einen Stempel von 1932 gefunden. Mein Sohn war zu der Zeit im Theater in der Tischlerei tätig, kannte da alle möglichen Leute und Kollegen. Als ein Kollege sich das ansah, hatten wir gewonnen. „Mein Boot ist ganz gebildet, das ist schon im Theater gewesen.“ Gummihaut und Deckstoff haben wir bei QuoVadis gekauft und dann wurde im Theater eine neue Haut genäht. Kette Breslau ist 1939 insolvent gegangen. Der Vertreter in Hamburg hat weiter gebaut. Ich habe mich immer gewundert. Wie haben die damals die ganzen Maschinen nach dem Kriege hier rüber gekriegt. Aber das war eben schon 1939 gewesen. Der hat dann hier weiter gebaut, ich glaube bis Anfang der 60er Jahre.
Meine Kette-Haut war später irgendwann hin. Ich bin da ja auch mit gefahren – unglaublich. Michael sollte das Gerüst haben und bot mir dafür den Pouch fix und fertig an. Das Kette-Boot war sehr eng. Wenn du wochenlang unterwegs bist hast du kein bisschen Platz. In Masuren wollte ich gerne mal wild zelten, das konnte ich nicht wagen, weil wenn Wind aufgekommen wäre, hätte ich am nächsten Tag nicht mal Trinkwasser gehabt. Ich konnte keine Reserve Trinkwasser mitnehmen, so voll war das Boot. Den Kette hat früher auch der Jochen Hulubowski gefahren. Ein langer Kerl. Ich frage mich heute noch, wie er da reingepasst hat.
Endlich in Rente: Mehr Zeit zum Paddeln!
Im Jahr 2000 bin ich mit 60 in Rente gegangen. Im Sommer verbringe ich immer viel Zeit hier bei TURA. Wenn die Kinder- und Jugendlichen zum Ferienprogramm kommen, frage ich immer, ob ich störe. Aber das passt immer.
Meine schönsten Paddelerlebnisse waren wohl die in Masuren, Krutinia und Oberländischer Kanal.
Ein Erlebnis hatte ich auch in Steinort. Da hatte ich einen Biwakplatz und musste einkaufen. Ich bin dann zur Straße und sah irgendwann einen Sonnenschirm, der deutete auf einen Laden oder eine Kneipe hin. Es war ein kleiner Krämerladen mit einem dicken Fass auf dem Tisch. Ich habe mir einen dicken Klops Käse und Brötchen geholt und ein Bier. Dann setz ich mich draußen hin und beiß da rein. Das war so hart und merkwürdig. Bis ich dann merkte das ich Scheibletten mit 7 Scheiben Papier durchgebissen hatte.
In Steinort war es auch, als ich mich zum Essen hinsetze, dass eine Gruppe Polen mich heranwinkte. Einer konnte auch ein bisschen übersetzen. Es dauerte nicht lange, dann ging die Schnapsbuddel rum. Das ist in Polen ein tolle Sache: Wenn du sagst du möchtest nicht mehr, dann ist auch gut. Dann ging so langsam das Abschätzen los: Wie alt? Geschätzt hatte ich, die sind so alt wie ich selbst. Es kam dann aber raus erst 40 oder 50. Ich war 60. Der eine sagte immer: „Kajakfahren, der Jungbrunnen“. Dann kam aber auch heraus, die waren aus Kattowitz und im Bergwerk tätig. Und das ist ja die schlechteste Gegend, die man sich überhaupt vorstellen kann. Und das sah man schon.
Dann lernte ich auch ein Gruppe junger Polen kennen, die mich am Sonntagmorgen zur Messe einluden. Ich feierte dann mit ihnen die Messe. Dort wurde ich dann auch erwähnt mit Bremen. Es gab geschmierte Brote. Die Gruppe kam aus Breslau. Wir haben Telefonnummern ausgetauscht und ich wurde nach Breslau eingeladen. Da bin ich dann auch später gewesen. Ich wurde am Bahnhof von Alexander abgeholt. Unter anderem sind wir am Ort der alten Kette-Werft gewesen. Ich wollte auch immer noch mal in die Uni-Bibliothek um alte deutsche Zeitungen zu lesen. Ich mach noch so eine kleine Musikforschung. Adolf Busch, ein bedeutender Geiger, der Deutschland freiwillig schon im April 1933 verlassen hat aus Protest gegen die Nazimachenschaften. Da arbeite ich seit über 30 Jahren mit einem Archiv zusammen.
Es waren schöne Jahre und es liegt an uns das weiterzuführen. Ich freu mich, dass ich das alles gemacht habe und dass ich nach meinem Sturz wieder zu Rande gekommen bin. Zwischen 1984 bis Anfang der 90-Jahre war erstmal Schluss mit Paddeln. Jetzt hoffe ich, dass ich auch den Rest meines Lebens noch Paddeln und Zelten kann.
Ich bin mit Folker am überlegen, was wir noch mal machen. Aller oder Weser kommen in Frage.
Vor 3 oder 4 Jahren sind wir die Leine gefahren. Die Leine selber war sehr schön, aber man konnte nirgends anlanden. An den Umtragestellen war es unmöglich raus zu kommen und es gab keine Hinweise auf Gaststätten.
Wir wollen dieses Jahr wenigstens einmal bis zum Harriersand runter, damit wir wenigstens etwas gemacht haben. Harriersand ist immer noch so eine schöne Erinnerung. Ich habe so viel gemacht und gesehen. Aber ich sage immer wieder: “Die Wochenende an der Unterweser gehören zu den Schönsten, die ich gehabt habe!“
Fotos von Peter, wenn nicht anders angegeben