TID: 2100 Kilometer im Paddelboot

ein Teilnehmerbericht von Christoph Heilscher 

Es ist geschafft. Nach exakt 2080 Kilometern und 64 Tagen sind die Donaufahrer Ende August 2023 an ihrem Ziel angekommen: im bulgarischen Silistra. Es war wieder einmal ein Abenteuer.

Sie haben acht Länder passiert, sind durch drei europäische Hauptstädte gepaddelt, haben mehrere Gebirge durchfahren und weite Landschaften. Sie haben einen Eindruck von verschiedenen Kulturen bekommen und auch von den unterschiedlichen Lebensverhältnissen in der Europäischen Union. Vom reichen Süden Deutschlands und Österreich mit seiner großartigen Hauptstadt Wien, von der aufstrebenden slowakischen Hauptstadt Bratislava, dem fast surreal schönen Budapest bis hin zu den verfallenden serbischen und bulgarischen Dörfern an der Donau, in denen nur noch jedes zweite Haus bewohnt ist. Deren einstige Bewohner arbeiten vielfach in Deutschland oder England.

Der Fluss nimmt davon keine Notiz. Er fließt dahin wie seit Jahrtausenden, in manchen Abschnitten mit fast magischer Schönheit.

In Bulgarien ist die Donau nicht einfach nur ein Fluss, sondern eine Welt aus Wasser und Inseln. Hier leben Pelikane und viele andere seltene Vogelarten.

Rund 20 Starter sind die gesamte TID gefahren. Die anderen einzelne Abschnitte. Fast alle haben ihre gewählte Stecke geschafft. An den meisten Tagen waren jeweils rund 40 Kilometer zurückzulegen.

Die TID hat eine lange Geschichte. Die begann bereits 1956 als Ost-West-Friedensfahrt. TID steht für Tour International Danubien. Danubien ist der Name für den Donauraum. Die Tour International Danubien (TID) ist die längste organisierte Kanu- und Ruderwanderfahrt der Welt. Ausrichter ist ein eingetragener Verein, der die Fahrt unter dem Dach der Kanuverbände der beteiligten Länder organisiert.

Und die Organisatoren haben alle Hände voll zu tun. Unter anderem gilt es, für jeden Abend ein Quartier zu finden. Offizielle Zeltplätze sind selten. Also wird in Abstimmung mit den jeweiligen Gemeinden ein geeigneter Ort gesucht, um gut 100 Paddler unterbringen zu können. Das war mal ein Strandabschnitt, mal ein ehemaliges Freizeitzentrum aus sozialistischen Zeiten, mal ein Krankenhausgarten, mal eine Festungsanlage und einmal eine Datschensiedlung. Und oft muss in diesen Camps ein Wasseranschluss gelegt, eine Dusche angeschlossen, müssen Dixi-Klos aufgestellt werden.

Eine größere Herausforderung als die sportliche waren für viele Teilnehmer die hygienischen Bedingungen in den Camps, die immer karger werden, je weiter die Reise nach Osten führt.  Man musste sich daran gewöhnen, dass es mitunter nur eine Dusche für hundert Leute gab. Irritationen gab es, als die ersten Dixi-Klos auftauchten. Die Wertschätzung für Dixi-Klos stieg, als die Alternative das Plumpsklo wurde. Wir stehen vor solch einem Ort, als uns ein Bulgare verschmitzt anschaut. „Radikaler Ort“, sagt er. „Echter Balkan.“

Echter Balkan heißt aber auch Gastfreundschaft, Lebensfreude und Coolness. In Bulgarien sind viele Paddler aus ihrem Heimatland zur TID gestoßen. Sie sind zum Teil mit Fahrzeugen unterwegs, die sich selbstoptimierte deutsche Sportler noch nicht einmal näher anschauen würden. Aber auch sie kommen an, meist mit einem Lächeln im Gesicht.

Man lernt bei der TID auch neue Menschen kennen, große Hilfsbereitschaft und ein internationales Miteinander, das Freude macht. Karin aus Krefeld ist 84 Jahre alt und die TID schon ein Dutzend Mal gefahren. Sie sagt es so: „Wo findet man schon solch eine Kameradschaft!“  Und sie freut sich schon darauf, wieder dabei zu sein. Dieses enge menschliche Miteinander ist vielleicht das wahre Erlebnis der TID.